Leichte Sprache, leere Hülle

Leichte Sprache, leere Hülle

AuA, das tut weh. Obwohl ich beim ersten Mal wirklich großzügig bin und die Anrede „Lieber Herr Uhtenwoldt“ gewiss nicht krumm nehme – kann ja wirklich keiner wissen und niemand ist verpflichtet, noch vor dem Versenden einer Mail zu googlen. Wenn dann aber in der zweiten Mail mein dezenter Hinweis zum Abschluss „Viele Grüße von (Frau) Deike Uhtenwoldt“ einfach ignoriert wird, spricht das zumindest nicht für aufmerksames Lesen. Gleichzeitig darf ich dann aber selbst entschlüsseln, was es mit den komischen KuKs auf sich hat, die noch informiert werden müssten. Zum Kuckuck mit der gendergerechten Sprache, denke ich, wenn diese so gedankenlos daherkommt. Für alle Nicht-Pädagogen (sic!, hier geht es ja gerade nicht um ein natürliches, sondern ein grammatikalisches Geschlecht und das finde ich allemal besser, als von PuPs zu schreiben) löse ich das Rätsel auch gern noch einmal auf: Das Akronym KuK steht für Kollegen und Kolleginnen; AuA entsprechend für Anwärter und Anwärterinnen, hier auf das Lehramtsreferendariat. AuweiA, da ist viel Hülle und Schein, wenig Fülle und Sein!

Und wie machen wir das mit dem dritten Geschlecht?

Sprache lebt. Und wer, wie mein Liebster, schon ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hat, fühlt sich von den gendernden Deutschlandfunk-Journalisten (ich habe das Gefühl, Männer am Mikro machen das besonders gern, weil sie sich gerade sprachsensibel und geschlechtergerecht geben wollen) gestört: „Warum stolpern die denn ständig nach Innen“, fragt er spitz. Wer schon mal, wie ich, einem verzweifelten Deutschlerner (spielt eigentlich überhaupt kein Rolle, aber wo wir beim Thema sind, er gehörte augenscheinlich zum männlichen Geschlecht) zu verdeutlichen suchte, dass das Mädchen ebenso wie das Männlein nur grammatikalisch Neutren sind, ihre natürlichen Geschlechter davon unangetastet bleiben, wird etwas nachgiebiger. Lass sie doch, sie werden schon merken, dass sich Ungerechtigkeiten nicht durch linguistische Spitzfindigkeiten, sondern nur ökonomisch lösen lassen. (Gerade Sprachlehrer wissen aber sehr wohl, dass das Lehrendenzimmer ganz und gar nicht geht, dort wird ja gerade nicht gelehrt, sondern pausiert, diskutiert und vorbereitet.)

Irgendwelche Fragen oder Bedenken – immer her damit

Sprache entwickelt sich natürlich von Generation zu Generation weiter. Ich empfehle zur Abendlektüre die Antrittsvorlesung von Professor Friedrich Schiller in Jena. Ja, das ist 232 Jahre her. Ja, das richtete sich tatsächlich nur an Männer. Und hat Jubelstürme ausgelöst! Ja, und? Heute würde so eine Vorlesung vor schwarzen, stummen Bildschirmen verhallen, hektisch würden die Noch-Nicht-Studierenden in ihren Chatgruppen rätseln, warum so viel von Unsterblichkeit, Größe und Gedankenschätzen die Rede ist. Kann sich der unbezahlte Professor nicht einfacher und direkter ausdrücken?
Nein, Google, ich habe nichts gegen leichte Sprache und kurze Sätze. AGBs, die in verständlicher Sprache geschrieben sind, sind tatsächlich ein Service. Aber ich habe etwas gegen Simplifizierung und Verkürzung. Und gegen Auswüchse wie diese nicht ganz kongruente Erkenntnis:

Liebe BuBs,
IMHO gibt es zu viele BS und zu wenige BL. Die Folge: KT, OT, RTFM.
BSG, GLG

DU

(Liebe Blogleser und Blogleserinnen, meiner Meinung nach gibt es zu viele Blogschreiber und zu wenige Blogleser. Die Folge: Kein Text, Off Topic und „read the fucking manual”.
Bleiben Sie gesund, ganz liebe Grüße
Deike Uhtenwoldt)

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